Eridmea
Unendliche Weiten... des mörderischsten Ozeans über den jemals ein Schiff gefahren ist. Inseln, verstreut wie die Scherben eines gewaltigen Spiegels, der mit unendlicher Macht zerschmettert wurde. Wenn dich die Winde, Strömungen, Untiefen und Riffe nicht umbringen, dann die Stürme, Meerungeheuer und die Orientierungslosigkeit.
Niemand weiß wie groß diese Welt wirklich ist. Niemand weiß, wie viele Inseln es gibt. Aber viele, die versucht haben es herauszufinden, haben ihren Entdeckermut mit dem Leben bezahlt. Die anderen gelten als Helden - oder Legenden.
Einst, so heißt es, gab es eine blühende Welt, einen einzigen großen Kontinent, ein geeintes Königreich unter einem 18 köpfigen Pantheon von Göttern. Friede soll dort geherrscht haben, eine Kultur, eine Sprache, viele Völker, ein Reich. Doch dann kam der Krieg, so erzählen die Weisen, ein Krieg, der drohte ALLES Lebendige zu vernichten. Und so geschah es, dass die Götter in höchster Not den Kontinent zerschmetterten und mit gewaltiger Macht die Bruchstücke auseinanderschoben, weit von einander entfernt. Wenn die Menschen keinen Frieden wollten, so mussten die Götter sie zum Frieden zwingen. Und Anuket, der Gott des Meeres, machte das Meer unüberwindlich Jahrhunderte über Jahrhunderte hinweg, damit die, die Krieg führen wollten, sich selbst ausrotten würden und die, die Frieden wollten, eine Möglichkeit hätten, in Frieden zu leben.
Und es heißt, nicht nur diese Welt wurde zerschlagen, sondern auch jede Verbindung zu anderen Welten, die Sphären der Macht selbst, die alles im Universum verbinden, so dass auch kein magischer Weg mehr passierbar war. Die Isolation war perfekt.
Lange währte die Isolation und viele vergaßen, dass sie eins Teil EINER Welt gewesen waren. Dann kamen die ersten Boten, Krieger, Magier, sie nannten sich "der Orden der Reinheit". Sie brachten die Botschaft von Insel zu Insel. Ihr seid nicht allein! Es gibt noch andere Überlebende! Und auf ihren Weg spendeten sie wissen und merzten das Böse aus, wo immer sie es fanden. Manche Insel verehrt sie als Erlöser von uraltem Übel, andere zürnen ihnen noch heute, weil sie sich weigerten, eine Verbindung zwischen den Inseln herzustellen.
Und die Götter sahen auf die Welt und beschlossen, dass es an der Zeit wäre. So kam der Orden des Anuket zu den Fischern und sie boten an, die Bote weiter hinaus auf das Meer zu begleiten, zu vorsichtigen, respektvollen Fahrten. Sie boten den Händlern an, sie zu geleiten durch die tosenden Wellen, den Heilern, den Gelehrten, den Reichen und Armen. Doch so viel man (die Allgemeinheit) weiß, transportieren sie NIEMALS Krieger, die zum Krieg sind! Sie waren die Herrscher der Wellen, doch sie unterwarfen sie nur für friedliche Fahrten ihrem Willen. So mancher dumme Herrscher, der auf leichte Beute bei seinen Nachbarn hoffte, wurde enttäuscht und versenkt mit Mann und Maus von dem Anuketpriester, dem er das Schwert an den Hals gehalten hatte, damit dieser seine Kriegsflotte über das Meer brächte.
Die ersten Inselreiche entstanden, Handel erblühte, Staaten bildeten sich. Das große Königreich der Kernlande wurde geboren - so heißt es . Diese Inseln, die nahe beieinander liegen, glauben von sich, dass sie das Herzland des früheren Kontinentes darstellen, ihre Hauptstadt Eridion die Hauptstadt der zivilisierten Welt ist. Ihr Adel und ihr König unterteilen die Welt in verschiedene Ringe, das Herzland, den inneren Ring, den äußeren Ring und die Grenzlande. Doch die, die an den Grenzen des Reiches wohnen wissen - nur ein Bruchteil der Welt ist diesem König bekannt und hört auf sein Gesetz. Vielleicht sind sie die Erben der Herrscher der alten Welt, doch sie sind noch lange nicht die Herrscher dieser neuen Welt.
Lange währte das Monopol, niemand weiß, wann und warum es gebrochen wurde. Es heißt, der Orden des Anuket hätte in seiner neuen Macht gefrevelt, wäre gierig geworden. Oder die Götter hätten mehr Zutrauen zu den Menschen gefunden, ihnen mehr Wege eröffnen wollen. Wie dem auch sei, es entstand die Gilde der Navigatoren, seltsamen Männern und Frauen, die mit dem Klang ihres Flötenspiels die Schiffe geleiteten ohne den Segen des Meeresgottes.
Viele fanden dies seltsam, doch es half. Inseln wurden entdeckt, die sich nach Jahrhunderten völlig anders entwickelt hatten als die Herzlande. Auf manchen hatten Orkstämme gelebt, als die Welt zerstört wurde, auf anderen Elfen, auf wieder anderen menschliche Magier, auf wieder anderen hatte es nur Waldwesen gegeben. Viele dieser Inseln hatten sich zu eigenen, kleinen Reichen entwickelt mit eigener Bevölkerung, Sprache, Legende - und Göttern.
Denn das alte, sichere System der 18 Götter existiert nicht mehr. In den Kernlanden betet man zu den 15 großen Göttern und nennt sie "die alten Götter" denn es soll sie schon geben seit Anbeginn der Zeit. Doch es gibt auf vielen Inseln andere Götter, kleine und große, menschliche und Monster, die am Ort ihrer Anbetung oft ähnlich machtvoll oder sogar noch mächtiger sind als die alten Götter. Wenn die Gelehrten wissen, warum das so ist, so behalten sie dieses Wissen für sich und erzählen es nicht weiter. Doch vielleicht ist dieses Rätsel auch einfach ungelöst.
So ungelöst wie die Frage nach den Unlichen. Lange war dieses Volk von Zehrern, untoten Kreaturen, Vampiren, Lichen, Knochenmännern, Teil dieser Welt. Zuerst als Feinde, dann als unter der Knute gehaltene Knechte, dann als Verbündete. Heute heißt es, manche von ihnen würden wieder wandeln und Schrecken verbreiten, die alten Pakte seien gebrochen worden. Andere behaupten, diese Wesen hätten nun wahrhaftig einen Gott, den sie anbeten und der für sie sorgt. Und wieder andere sagen, es gäbe sie noch immer: die Unlichen, die dem Guten verpflichtet sind, treu über den Tod hinaus ihrer Sache, die Lebendigen zu schützen vor dem Grauen, dass sie einst in Monstren verwandelt hat. Aber wer kann schon sagen, was wahr ist?
Sicher sind sie Schrecken in den "gute Nacht Geschichten" für Kinder, ähnlich wie die Meermonster oder Piraten, die es seit kurzer Zeit geben soll. Götterlose Gesellen, Monstren in Menschengestalt, die durch Blutopfer und finsterste Magie sich die Passage über das Meer erzwingen, statt sie von den Göttern zu erbitten. Doch wenn du nicht gerade an einem verbrannten Dorf vorbeigekommen bist, so wirst du sie wahrscheinlich für eine Schauermär halten. Wenn du ihnen jedoch begegnet bist wirst du wissen: kein Unlich kann es an Bösartigkeit mit diesen Männern und Frauen aufnehmen, die ihre Seele und die aller anderen opferten, um ihre Gier zu befriedigen.
Vieles bliebe noch zu sagen, Fremder, doch die Zeit wird dich lehren, was hier nicht geschrieben ist. Nur eines noch zur Warnung. Wenn du als Fremder in Eridmea wandelst, bedenke immer, du siehst nur einen Bruchteil einer zersplitterten Welt. Einer Welt, wo viele noch glauben, sie seien die einzigen zivilisierten Wesen in einem gewaltigen Meer. Wo das Wort "Fremder" meist bedeutet "der Unbekannte von jenseits des Wassers." Vielleicht solltest du nicht jedem auf die Nase binden, dass du aus einer anderen Welt zu kommen glaubst. Die Heilerstube könnte dir sonst gewiss sein - oder sehr intensive Fragen, die du vielleicht nicht beantworten möchtest.